Anträge

Unsere Haushaltsrede

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Brüx,
sehr geehrte Damen und Herren,

aufgrund der aktuellen Lage haben wir uns unter den Fraktionsvorsitzenden einvernehmlich darauf verständigt, dass in diesem Jahr keine Haushaltsreden gehalten werden. Daher werde ich für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einige Anmerkungen zum Haushalt 2021 in schriftlicher Form abgeben:

Zu Beginn unserer Stellungnahme möchten wir uns zunächst bei der Verwaltung, hier ganz besonders bei unserem Kämmerer Udo van Kilsdonk und dem gesamten Team der Finanzverwaltung, für die aufgrund der Pandemielage in diesem Jahr sicherlich ganz besonders anspruchsvolle und umfangreiche Arbeit zur Erstellung des Entwurfs zum Haushaltsplan 2021 bedanken. Corona war das alles bestimmende Thema des letzten Jahres. Dies wird es wohl auch 2021 bleiben.

Der Impfstart, auch im Kreis Kleve, gibt Anlass zur Hoffnung. Jedoch wird sich eine wirkliche Erleichterung, auch hinsichtlich der vielen Einschränkungen im öffentlichen Leben, erst in den nächsten Monaten einstellen.

Auch die Finanzlage der Gemeinde Issum stand im letzten Jahr und steht insbesondere auch im laufenden Haushaltsjahr unter dem Eindruck der Krise. Vermutlich wird es noch einige Jahre dauern, bis die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder auf dem vor der Krise erreichten Stand sind. Vor diesem Eindruck ist ein sparsames Wirtschaften auch in der Gemeinde Issum umso wichtiger.

Dennoch überdeckt Corona erheblich schwerwiegendere Probleme. Die Jahre 2018 bis 2020 waren die wärmsten Jahre in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Bei allem Handeln in der aktuellen Lage dürfen wir den bereits laufenden Klimawandel nicht vergessen. Um hier nicht in eine Krise zu steuern, auf die die derzeitige Pandemielage nur ein müder Vorgeschmack gewesen wäre, bedarf es einem entschlossenen Handeln auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen. Hier hilft es nicht, auf eine Impfung zu warten oder gar zu hoffen, dass sich der Erreger vielleicht von allein abschwächt.

Der Haushaltsplanentwurf sah im Produkt 14.01.01 – Umweltschutz, Klimaschutz – Aufwendungen in Höhe von lediglich 1.031,00 Euro vor. Aus unserer Sicht ein deutliches Signal, dass die Aktivitäten der Gemeinde Issum im Bereich des Klimaschutzes schnellstmöglich deutlich ausgebaut werden müssen. Nicht zuletzt in der Stellungnahme der Verwaltung zu unserem Fraktionsantrag „Klimarelevanz in Beschlussvorlagen“ zeigt sich, dass im Rathaus derzeit kein im Bereich Klimaschutz ausgebildetes bzw. geschultes Personal zur Verfügung steht.

Daher freut es uns besonders, dass aufgrund unseres Fraktionsantrages zur Implementierung eines Klimaschutzmanagements bei der Gemeinde Issum nun im Haushalt Mittel zur Verfügung stehen und in den nächsten Wochen ein Stellenprofil für eine/n Klimaschutzmanager*in durch die Verwaltung erstellt wird. Wir sind hier guter Dinge, dass noch in diesem Jahr nach entsprechender Änderung im Stellenplan eine Besetzung einer solchen Stelle erfolgen kann und damit zukünftig auch deutlichere Impulse in Sachen Klimaschutz von der Verwaltung ausgehen werden.

Daneben sind im jetzigen Haushalt, nach der politischen Beratung des Entwurfs, umfangreiche Mittel für verschiedene Projekte im Bereich des Klimaschutzes eingestellt worden. Um eine zielgerichtete Verwendung dieser Mittel unter Berücksichtigung von Förderprogrammen zu ermöglichen, wird sich die Verwaltung aufgrund unserer Anregung nunmehr von den Projektträgern beraten lassen. Danach erfolgt eine politische Entscheidung über die Freigabe dieser Mittel.

Wir möchten an dieser Stelle deutlich machen, dass diese Bemühungen um ein Mehr an Klimaschutz in unserer Gemeinde allesamt von einigen im Rat der Gemeinde vertretenen Fraktionen ausgegangen sind. In größeren Teilen der Politik sind daher offenbar die Zeichen der Zeit erkannt worden. Aus unserer Sicht sollte nunmehr auch in der Verwaltung und beim Bürgermeister ein entsprechender Prozess in Gang gebracht werden.

Insgesamt ist dieser Haushaltsplan, dem ersten, den wir nach vielen Jahren der politischen Abstinenz im Gemeinderat mitprägen durften, für den Bereich des Klimaschutzes somit deutlich GRÜNER ausgefallen als seine Vorgänger. Sehr bedauerlich ist allerdings, dass ein Beitritt der Gemeinde Issum zum „Klimabündnis“ mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. Ein solcher Beitritt wäre mit einer klaren Verpflichtung zur Reduktion von CO2 in der Gemeinde Issum und damit zur Definition von Zielen einhergegangen. Hierzu war dann doch ein Großteil des Rates einschließlich des Bürgermeisters nicht bereit.

Erheblich gesteigert werden müssen in den nächsten Monaten und Jahren die Bemühungen zum Natur- und Artenschutz sowie zur Biodiversität. Wie bereits beim Klimaschutz werden wir hier voran gehen und hoffen, dass sich alle politischen Kräfte im Gemeinderat ebenfalls anschließen werden.

Gemeinden, die sich heute schon auf den Weg machen und die Mobilität von morgen gestalten, haben in Zukunft klar die Nase vorn. Kommunen, die ihren Einwohner*innen bezahlbare, sichere und effiziente Mobilitätsoptionen bieten, punkten mit einer hohen Aufenthalts- und Lebensqualität und sind auch zukünftig attraktive Wohn- und Wirtschaftsstandorte.

Einen ersten Schritt in eine zukunftsfähige Mobilität geht die die Gemeinde Issum nun mit der von uns beantragten Mitgliedschaft im „Zukunftsnetzwerk Mobilität“. Dieses ersetzt jedoch nicht die Erstellung eines zukunftsweisenden Mobilitätskonzeptes. Einen entsprechenden Antrag werden wir in der nächsten Zeit hier im Gemeinderat einbringen. Das Fahrrad muss neben Zu-Fuß-Gehen und ÖPNV als Verkehrsmittel vor dem Hintergrund der Klimakrise weiter gestärkt werden. Issum muss an seiner Fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit arbeiten.

Die Platzverteilung im öffentlichen Raum ist immer noch zu sehr auf den Autoverkehr ausgerichtet. Mobilität inkl. des öffentliche Personennahverkehrs muss so attraktiv gestaltet werden, dass sich zumindest der Zweitwagen nicht mehr lohnt. Vor dem Hintergrund des sicherlich gut gemeinten Antrages der SPD-Fraktion zur Förderung der Anschaffung von Lastenrädern fragen wir uns mit Blick auf Radwege wie z. B. an der Rheurdter Straße, der Dorfstraße oder auch der Weseler Straße durchaus ein wenig, wo solche Räder derzeit überhaupt sinnvoll bewegt werden können. Zunächst sollen hier noch Zuschussrichtlinien aufgestellt werden, die nach unserer Auffassung sicherstellen müssen, dass sich auch einkommensschwächere Haushalte die Anschaffung von Lastenrädern leisten können. Diese soziale Komponente werden wir in der demokratischen Diskussion um die Richtlinien besonders im Blick haben.

Ausdrücklich begrüßen wir die Investitionen in die Schulen. Bei der Digitalisierung und der sonstigen Ausstattung ist hier bereits ein sehr hoher Standard erreicht. Der bauliche Zustand der Schulen ist sicherlich überdurchschnittlich. Aus unserer Sicht ist es sehr begrüßenswert, dass Mittel zur Planung für die Erweiterung der beiden Standorte, gerade auch für die Betreuungsangebote, in den Haushalt eingestellt wurden.

Verwundert sind wir hin und wieder über die, zuletzt von der CDU-Fraktion über die Presse mal wieder ins Gespräch gebrachte Diskussion über einen Neubau des Rathauses. Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum einem Neubau der Vorzug gegenüber der Sanierung und Erweiterung eines 40 Jahre alten Gebäudes gegeben werden sollte. Auch im privaten Bereich würde niemand auf die Idee kommen, ein Wohnhaus gleichen Alters abzureißen und an dessen Stelle ein neues zu errichten.

Wir sind sehr gespannt auf das hoffentlich bald vorliegende Raumkonzept. Durch die gerade in der jetzigen Lage enorm forcierte Digitalisierung und den Ausbau von Heimarbeitsplätzen ist bereits jetzt allgemein erkennbar, dass deutschlandweit zukünftig geringere Kapazitäten an Büroflächen benötigt werden. Dieser Trend wird sich sicherlich im Raumkonzept der Verwaltung widerspiegeln.

Was aufhören muss, ist die Neuversiegelung von Flächen an den Ortsrändern, wie Sie zuletzt z. B. von der CDU-Fraktion im Bereich des Sportplatzes Issum ins Spiel gebracht wurde. Solche Flächen speichern unser Trinkwasser, dienen der Luftreinhaltung und -abkühlung und sind in Naherholungsgebiete umzuwandeln.

Beim Ruf nach neuen Gewerbeansiedlungen in Issum müssen wir mit den Flächen haushalten, die bereits versiegelt sind. Und davon gibt es viele. Dass bereits Ideen zur Erweiterung des Gewerbegebietes an der B 58 diskutiert werden, obwohl die Vermarktung der Flächen im schon vorhandenen Gebiet in den letzten Jahren doch eher schleppend lief, zeugt nach unserer Auffassung von falschen Vorstellungen.

Statt von neuen, großen und steuerbringenden Unternehmen zu träumen, sollten wir vielmehr diejenigen im Blick behalten, die bei uns ansässig sind. Damit sie gut wirtschaften können, bedarf es einer gewissen Verlässlichkeit und Konstanz in ihrem räumlichen Umfeld und vor allem einer guten Infrastruktur und guten Betreuung durch die Wirtschaftsförderung der Gemeinde.

Große Sorgen bereitet uns die Entwicklung des Haushaltes. Nach der aktuellen Haushaltsplanung wird das Haushaltsdefizit 2021 etwa 3,5 Mio. Euro betragen. Der Anteil der Haushaltsbelastungen aufgrund der Corona-Pandemie daran beträgt etwa 2 Mio. Euro.

Im aktuellen Haushaltsentwurf 2021 ist im Ergebnishaushalt ein Defizit in Höhe von 1.517.306 € dargestellt. Darin sind die ermittelten Haushaltsbelastungen durch die Corona-Pandemie in Höhe von 1.996.386 € berücksichtigt. In erster Linie handelt es sich hierbei um Einbrüche bei Steuereinnahmen bzw. bei Zuweisungen. Ohne Isolierung dieser Haushaltsbelastungen müsste ein Defizit in Höhe von 3.514.092 € ausgewiesen werden.

Im Zuge der Haushaltsberatungen haben wir festgestellt, dass die Personalaufwendungen sowie die Aufwendungen für Dienstleistungen deutlich über den Durchschnittswerten von Kommunen mit ähnlicher Größenordnung liegen. Nach unserer Einschätzung würde das Zurückfahren dieser Kosten auf die Durchschnittswerte das um die Effekte der aktuellen Krise bereinigte Defizit auf nahezu Null reduzieren. Die Höhe dieser Kosten mag gute Gründe haben. Möglicherweise liegt es, wie von der Verwaltung mitgeteilt, an den hohen Standards, die die Gemeinde Issum ihren Bürger*innen bietet. Da auch in den Folgejahren mit erheblichen Defiziten zu rechnen ist, muss aus unserer Sicht dem Block der Personalkosten sowie der Ausgaben für externe Dienstleistung in Zukunft besondere Beachtung geschenkt werden.

Dem Haushaltsplanentwurf ist zu entnehmen, dass damit zu rechnen ist, dass die in den Vorjahren gebildete Ausgleichsrücklage 2024 aufgezehrt wird und die Allgemeine Rücklage in Anspruch genommen werden muss. Somit müssten die Haushaltsplanungen der Gemeinde ab 2024 dem Kreis Kleve zur Genehmigung vorgelegt werden.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes gemäß §76 GO NW besteht derzeit für die Gemeinde Issum nicht. Allerdings zeichnen sich nach dem Haushaltsplanentwurf auf der Grundlage der Haushaltsplanung ab 2020 und der mittelfristigen Finanzplanung Plandefizite im Ergebnishaushalt ab, die ggfs. Haushaltssicherungsmaßnahmen erforderlich werden lassen. Dieses sollte Anlass genug sein, bereits jetzt umfassende Maßnahmen zu einem Gegensteuern zu ergreifen.

Daher werden wir in Kürze die Aufstellung eines freiwilligen Haushaltssicherungskonzeptes beantragen, in dem alle Standards sowie die freiwilligen Leistungen daraufhin überprüft werden sollen, ob die Gemeinde diese in Zukunft noch leisten kann. Wir sind sehr sicher, dass die Gemeinde Issum bei einem rechtzeitigen Gegensteuern noch in der Lage sein wird, auch in Jahren nach 2024 selbstbestimmt über ihren Haushalt entscheiden zu können.

Trotz einiger Bedenken im Hinblick auf den Verzehr der Ausgleichsrücklage in den nächsten Jahren werden wir den vorgelegten Haushalt 2021 jedoch mittragen.

Wir bedanken uns bei allen Mitgliedern des Gemeinderates herzlich für die manchmal kontroversen, aber immer konstruktiven Diskussionen seit dem 01.11.2020 und besonders während der Beratungen des Haushaltes und hoffen, dass wir gemeinsam diesen guten Weg weitergehen werden. Wir wissen, dass alle im Rat und in den Ausschüssen Tätigen das Beste für unsere Gemeinde erreichen wollen. In diesem Sinne möchte ich diese Stellungnahme mit einem Zitat von Sokrates schließen:

„Fokussiere all deine Energie nicht auf das Bekämpfen des Alten, sondern auf das Erschaffen des Neuen.“

Issum, 01.03.2021

gez. Ralf Spengel
Fraktionssprecher

 

Zurück