Rede zum Haushalt 2023

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

keiner von uns konnte sich vorstellen, welche tiefgreifende Veränderungen uns dieses Jahr bringen würde. Am 24. Februar hat der russische Diktator Putin die Ukraine angegriffen. Was sich niemand von uns vorstellen konnte, ein Krieg in Europa, wurde Wirklichkeit. Unsere Vorstellungen von Frieden und Sicherheit in Europa galten plötzlich nicht mehr, dieser Krieg hat Auswirkungen auf Deutschland, auf Europa und auf die ganze Welt und auch auf unsere Gemeinde. Haben wir zu Beginn des Jahres noch gehofft, dass sich die Coronakrise ihrem Ende zuneigt und wir zu mehr Normalität zurückkehren, sehen wir uns durch diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg mit neuen Krisen konfrontiert, auf die wir noch Antworten suchen. Energiekrise, Lieferengpässe, immer höhere Lebensmittelpreise, eine steigende Inflation. Wir alle sind von den Auswirkungen betroffen. Am 7. Dezember haben wir die letzte Ratssitzung in diesem Jahr gehabt und den Haushalt für 2023 verabschiedet. Einen Haushalt angesichts dieser Probleme und der Gefahr einer wirtschaftlichen Rezession zu verabschieden, ist aufgrund vieler unwägbarer Risiken eine Mammutaufgabe. In der Ratssitzung vom 27.09.2022 beendete unser Bürgermeister seine Rede zum geplanten Haushalt 2023 mit den Worten: „So bleibt mindestens der Haushalt 2023 meiner Einschätzung nach irgendwie eine Wundertüte.“

Voraussichtlich wird die Gemeinde Issum im Haushaltsjahr 2023 einen Verlust von ca. 3,9 Millionen Euro machen. Berücksichtigt man die Besonderheiten des Corona-Isolierungsgesetzes bleibt ein Defizit von ca. 1,5 Mio Euro, wobei die Differenz von 2,4 Mio Euro nicht verschwunden, sondern nur woanders verbucht ist. Insbesondere die Energiekosten sind deutlich gestiegen und belasten den Haushalt mit annähernd einer Million Euro. Die in Angeboten genannten Preise sind meinst bei Auftragsvergabe überholt. Und so ist der Haushalt an vielen Positionen von Unwägbarkeiten, vor allem inflationsbedingten Mehrausgaben geprägt, eine Wundertüte eben. Und dennoch, wir müssen trotz alldem investieren, um aktiv die Zukunft Issums zu gestalten. Dabei sind kluge Entscheidungen zu treffen.

Es freut uns sehr, dass Initiativen gestartet wurden, die in die Zukunft weisen und eine große Bedeutung haben. Dazu gehört der Masterplan und vor allem, dass die Gemeinde den Ausbau erneuerbarer Energien fördert, begleitet und auch selber an der Wertschöpfung teilhaben möchte. Wir begrüßen ebenfalls, dass die Mittelübertragungen in spätere Haushaltsjahre durch den Kämmerer deutlich reduziert wurden. In Anbetracht der oben genannten Zahlen hätten wir uns gewünscht, dass dem Antrag der Kolleg*innen der FDP vom 20.07.2022, seitens der Verwaltung Informationen zu geplanten Einsparmaßnahmen im Energiebereich bekannt gemacht worden wären. Dies ist leider nicht geschehen und wir hoffen, dass die Informationen zu Beginn des nächsten Jahres bekannt gemacht werden.

Im letzten Jahr haben wir dem Haushalt 2022 in der Hoffnung zugestimmt, 2023 einen Haushalt mit konkreten Maßnahmen für das Klima, für Natur und Umwelt und für das nachhaltige und soziale Zusammenleben der Menschen in dieser Gemeinde umsetzen zu können. Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt fordern auch weiterhin dringend Lösungen, bevor es zu spät ist. Wir alle spüren die Folgen des Klimawandels: Starkregenereignisse, Stürme sowie Hitzewellen und langanhaltende Trockenheit wie im vergangenen Sommer. Kleve hält den Hitzerekord im Herbst 2022. Die Gemeinde Issum muss sich schnellstmöglich an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels anpassen und resilienter werden. Klimaschutz muss in Issum oberste Priorität haben, bei jeder Sanierung, jedem Neubau muss die Klimaverträglichkeit an oberster Stelle stehen. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sehen einen weitgehend klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 vor. Daher sollten alle Neubaumaßnahmen heute schon nach den höchsten energetischen Standards umgesetzt werden.

Wir haben es sehr begrüßt, dass im Oktober 2022 im Rahmen der von uns beantragten Fokusberatung Klimaschutz ein Workshop für Verwaltung und Politik stattfand. In diesem Workshop wurden die für die Gemeinde Issum drei wichtigsten Handlungsfelder festgelegt und dafür nötige Mittel im Haushalt 2023 eingestellt. An dieser Stelle möchten wir uns auch bei Herrn Burkhardt bedanken, dem Verantwortlichen für Klimaschutz. Wir warten gespannt auf ein Klimaschutzkonzept für unsere Gemeinde und freuen uns auf die Fortsetzung des Workshops im Januar 2023. Wir hoffen auf eine autarke Energieerzeugung und -verteilung, mit Beteiligung der Bürger*innen und der Kommune, auf Energieeffizienzoptimierung der kommunalen Liegenschaften und auf Klimaanpassungsmaßnahmen. Dazu gehört für uns Grüne u.a. ein Starkregenmanagement und ein Hitzeaktionsplan. An Sommertagen mit Temperaturen über 35 Grad Celsius werden nicht beschattete Plätze zu Hitzeinseln ohne jegliche Aufenthaltsqualität und wir hoffen auf Maßnahmen, um sich auf solche Hitzeperioden besser vorzubereiten. Dazu gehören Baumpflanzungen, begrünte Fassaden und Dächer und vieles mehr. Außerdem ist zu untersuchen, auf welchen Spielplätzen nicht genügend beschattete Spielflächen vorhanden sind, und die entsprechenden Gegenmaßnahmen einzuleiten. Mit einem dringend benötigtem Hitzeaktionsplan ist die Gemeinde Issum in der Lage, auf solche Hitzeperioden vorbereitet zu sein und die Auswirkungen auf die Bevölkerung zu reduzieren.

Bäume tragen ebenfalls wesentlich zur Verbesserung des örtlichen Klimas bei. Mit der Baumgutscheinaktion hat sich unsere Gemeinde auf den richtigen Weg gemacht. Bäume auf Privatgrundstücken spielen eben auch eine wichtige Rolle zur Verbesserung des Klimas und von daher müssen auch Maßnahmen zum Erhalt privater Bäume gewährleistet sein. Neben der Klimakrise ist der Artenschwund eine der größten Gefahren für uns Menschen. Der Rückgang der Artenvielfalt bedroht die Funktionsfähigkeit unserer Ökosysteme, dabei ist Biodiversität wichtig für den Fortbestand unserer Lebensgrundlagen. Ursachen für den Artenrückgang sind vielfältig. Neben dem Klimawandel spielt der zunehmende Flächenverbrauch eine wesentliche Rolle. Um dem Artenrückgang entgegenzuwirken, brauchen wir eine gezielte ökologische Aufwertung von Flächen, um Lebensräume und Nahrungsquellen für Bestäuberinsekten anzubieten. Daher werden wir die Verwaltung um einen Bericht und eine Übersicht über bereits eingeleitete und weitere geplante Maßnahmen bitten. Im Bereich Biotop- und Artenschutz erscheint uns einiges mehr möglich und vor allem nötig. Wir benötigen ein Biodiversitätskonzept.

Als Fraktion haben wir uns aber auch mit der Frage beschäftigt: Wo sind die Grenzen des Wachstums? Hier sehen wir noch einiges, auf das wir Antworten finden müssen. Wir würden uns vor dem Hintergrund Klimaschutz, aber auch in Hinblick auf die Energiewende und damit möglicherweise verbundene, erhöhte Gewerbesteuereinnahmen, wünschen, auf die Entwicklung neuer Gewerbeflächen zu verzichten und statt dessen Flächeneffizienz, Qualifizierung und Transformation in bestehenden Gewerbegebieten in den Vordergrund stellen. Wertvolle Ackerböden sollen auch in Zukunft der Produktion von Lebensmitteln dienen. Regional erzeugte Lebensmittel sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und immer mehr Menschen sind inzwischen bereit, ihr Einkaufsverhalten darauf abzustellen. Auch neuer Wohnraum, der dringend benötigt wird, sollte in Form von gemeinschaftlichen Wohnkonzepten umgesetzt werden. Ein gelungenes Beispiel, das in vielen Städten bereits erfolgreich etabliert wurde, sind Quartiersbildungen. Menschen aller Generationen wohnen hier und profitieren von geteiltem Raum. Angesichts der sich weiter zuspitzenden Wohnungsknappheit in unserer Region, des demographischen Wandels und den sich ändernden Lebens- und Gemeinschaftsentwürfen bieten sie eine echte Alternative zu klassischen Einfamilienwohnungen. So kann Wohnraum in unserer Gemeinde auf verträgliche Weise behutsam und zukunftsweisend verdichtet werden, wobei das Baulandmanagement Anwendung finden und Flächen geschont werden sollten. Und wir ermöglichen es älteren Menschen in unserer Gemeinde wohnen zu bleiben. Wohnen im Alter ist ebenfalls eines der großen Zukunftsthemen in Issum. Wir wünschen uns eine zukunftsgerichtete Kommune, die im kommunalen Lebensumfeld bessere Beteiligungsmöglichkeiten fördert und ausbaut und Mitgestalten und Mitentscheiden ermöglicht, auch von Senioren, Kindern und Jugendlichen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dem Haushalt 2023 zugestimmt und bedankt sich bei allen Mitarbeitenden der Verwaltung für ihre geleistete Arbeit und für eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.

Wir bedanken uns bei den Kolleg*innen des Gemeinderats und in den Ausschüssen für die konstruktive und kollegiale Zusammenarbeit und den fairen und respektvollen Umgang miteinander. Ebenso danken wir unseren Bürger*innen, die das Leben in unserem Ort auch in schwierigen Zeiten unterstützen und mitgestalten. Wir hoffen, dass Sie auch 2023 mit viel Energie, Optimismus und Durchhaltevermögen an der Zukunft Issums mitwirken.

Wir wünschen Ihnen wunderschöne, harmonische Weihnachten, einen geruhsamen Jahresausklang und kommen Sie gut und mit Freude und Zuversicht ins Jahr 2023. Wir werden auch im kommenden Jahr Ihre und unsere Anliegen voranbringen um der Entwicklung der Gemeinde Issum eine grüne, nachhaltige und gerechte Ausrichtung zu geben.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Andrea Preuß
Frank Schulmeyer

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